2015 -2019

 

Informationen zum Gesamtprojekt:

Das FiFo ist Verbundpartner in einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprojekt. UrbanRural SOLUTIONS ist eine von insgesamt neun Innovationsgruppen im BMBF Förderschwerpunkt „Innovationsgruppen für ein Nachhaltiges Landmanagement. Das BMBF verfolgt mit diesem Förderschwerpunkt einen neuen Ansatz, um Nachhaltigkeitsinnovationen den Weg in die fachliche Praxis zu ebnen: Wissenschafts-Praxis-Teams arbeiten von Beginn an gleichberechtigt zusammen. Bis zum Jahr 2019 werden nachhaltige, praktikable Lösungen für Regionen entwickelt, die vor dem Hintergrund klimatischer und wirtschaftlich-struktureller Veränderungen vor besonderen Herausforderungen stehen.

Ziel der Innovationsgruppe UrbanRural SOLUTIONS ist es, gemeinsam mit den Akteuren ausgewählter Räume lokal passende, umsetzungsfähige Handlungsoptionen für die Verbesserung oder den Erhalt wohnstandortbezogener Daseinsvorsorge zu erarbeiten und die Umsetzung geeigneter Lösungen zu unterstützen. Ein besonderes Potenzial wurde in kooperativen Lösungen im regionalen bzw. interkommunalen Maßstab vermutet. Darüber hinaus sollten die gewonnenen Erfahrungen in den angestoßenen Prozessen dokumentiert und für vergleichbare Prozesse nutzbar gemacht werden.

Die Innovationsgruppe verteilt sich auf fünf Forschungsinstitute aus Planungs- und Wirtschaftswissenschaften und drei Praxisregionen.

Die ökonomische Perspektive im Projekt

Der demographische Wandel, die kommunale Daseinsvorsorge sowie das Thema der interkommunalen Kooperationen – all dies sind Themen, die oft in erster Linie von Planern verschiedener Fachdisziplinen bespielt werden. Eine Besonderheit im Projekt UrbanRural SOLUTIONS istes, dass die Herausforderungen der Sicherstellung kommunaler Daseinsvorsorge nicht nur aus planerischer sondern auch aus ökonomischer Perspektive betrachtet wurden.

Ausgangspunkt war die Erfahrung, dass Kooperationen nicht in allen Bereichen der kommunalen Daseinsvorsorge gleichermaßen zustande kommen, sondern insbesondere dann, wenn unmittelbare und symmetrische Kooperationsvorteile vorhanden sind, Fördermittel bereitstehen oder es eine zentrale Verpflichtung gibt. Insofern kann eine Orientierung an Best-Practices der Vergangenheit systematisch in die Irre führen, wenn der eigene Anspruch darüber hinausgeht. Die vollen Potentiale der interkommunalen Kooperation können nämlich nur dann erschlossen werden, wenn man nicht bei diesen Low Hanging Fruits stehen bleibt.

Mit anderen Worten müssen auch die Potentiale solcher Kooperationen gehoben werden, bei denen Kooperationsvorteile nicht sofort entstehen und/oder sich asymmetrisch verteilen, so dass Kompensationen beziehungsweise Gegengeschäfte notwendig werden können (High Hanging Fruits). Einen Beitrag dazu zu leisten, diese bislang oftmals unerschlossenen Potentiale interkommunaler Kooperation zu erforschen, hat sich insbesondere das FiFo auf die Fahnen geschrieben. In einem interkommunalen Dialogprozess die Kosten und Nutzen verschiedener alternativer Maßnahmen im Bereich der Daseinsvorsorge abzuschätzen und offen zu legen, kann somit ein entscheidender Baustein sein, um interkommunale Kooperationslösungen voranzubringen.  So können - im Extremfall - Kooperationen einseitig vorbereitet werden, d.h. schon recht klare quantitative Vorschläge in die „Geschäftsanbahnung“  eingebracht werden. Eine explizite Auseinandersetzung mit Kosten und Nutzen geplanter Maßnahmen kann darüber hinaus auch zu einer Perspektiverweiterung der kommunalen Akteure im Rahmen der Infrastrukturplanung führen, die die Zusammenarbeit zwischen Fach- und Finanzplanern erleichtert.

Die ökonomische Perspektive hat auch die Praxisregion Köln eingenommen, wo durch die Ansiedelung des Projekts bei der Stadtkämmerin und die enge Zusammenarbeit mit dem FiFo Schwerpunkte gesetzt wurden. Für die Stadtkämmerin Gabriele C. Klug hat das Projekt die Chance geboten, die strategischen stadtverwaltungs- und konzernbezogenen Ansätze um einen regionalen Ansatz zu ergänzen. Dahinter steht die Erkenntnis, dass das „doppische“ Defizit  nur dann ausgeglichen werden und in die Erwirtschaftung von Überschüssen („grüne Null“) umgekehrt werden kann, wenn in Kooperation mit der Region, im Konzern Stadt und mit Dritten eine Änderung des Leistungsportfolios – das kommunale Kerngeschäft – realisiert wird.

Neben direkten Kooperationsgewinnen, die aufgrund von Synergien oder Skalenvorteilen entstehen können, bietet die regionale Zusammenarbeit die Chance auf freiwilliger Basis passgenaue Kooperationslösungen für den Einzelfall zu erarbeiten. Aus ökonomischer Perspektive bestehen insbesondere dann Anreize für interkommunale Kooperationen, wenn sich durch eine gemeinsame Bereitstellung von Leistungen fiskalische Äquivalenz herstellen lässt. Fiskalische Äquivalenz ist immer dann gegeben, wenn diejenigen, die von einer Leistung profitieren, auch diejenigen sind, die über die Bereitstellung der Leistung entscheiden und die Kosten dafür tragen.

Dialogprozess

In allen drei Praxisregionen wurden zu Beginn des Projekts jeweils zwei Themenschwerpunkte definiert. Im weiteren Verlauf hat UrbanRural SOLUTIONS Dialogprozesse zu diesen Themen in den Regionen begleitet und unterstützt. 

Für Köln, wo das FiFo als Tandempartner intensiv in den Prozessen mitgearbeitet hat, haben sich die beiden Themen Mobilität und Bildung in Verzahnung mit dem Thema Wohnen herauskristallisiert. Im weiteren Verlauf konnten die Themen durch Gespräche mit den relevanten Akteuren weiter eingegrenzt werden. Außerdem wurden räumliche Zuschnitte für beide Themenschwerpunkte, im Projekt als Fokusräume bezeichnet, festgelegt. Der Dialog in den beiden Fokusräumen setzte also stets auf bestehenden Prozessen auf.

Fokusraum 1: Mobilstationen im Stadt-Umland-Netzwerk (S.U.N.)

Die Zusammenarbeit zwischen der Innovationsgruppe UrbanRural SOLUTIONS und dem Stadt-Umland-Netzwerk (S.U.N.)  ergab sich aus einem beidseitigen Kooperationsinteresse. Für UrbanRural SOLUTIONS bestand hier die Möglichkeit, mit motivierten und von der regionalen Idee überzeugten Akteuren des relativ neu gegründeten Netzwerks zusammenzuarbeiten. Ziel der Innovationsgruppe war es, die regionale Zusammenarbeit im Themenfeld Mobilität, insbesondere dem Thema „Mobilstationen“, zu stärken und aus dem Prozess Erkenntnisse zu gewinnen, die übertragbar sind auf andere Themenfelder oder Regionen. Neben einem verstärkten regionalen Austausch auf der Fachebene war die themenspezifische Weiterbildung der Teilnehmer ein wichtiger Mehrwert der Arbeitsgruppe. Von UrbanRural SOLUTIONS wurden für jede beteiligte Kommune räumliche Analysen erstellt, die den Teilnehmern zur Verfügung gestellt wurden. Außerdem konnten viele Einzelaspekte rund um das Thema Mobilstationen (z. B. Car Sharing, Förderung, E-Ladeinfrastruktur) durch Expertenvorträge näher beleuchtet werden. Darüber hinaus wurden im Raum einzelne Pilotstationen mit regionaler Relevanz ausgewählt, für die die nächsten Schritte in Richtung Umsetzung angegangen werden.

Fokusraum 2: Weiterführende Schulen im Raum Köln + Nachbarn

Aufbauend auf den Erkenntnissen einer ersten Dezernentenrunde im Raum „Köln + Nachbarn“, hat UrbanRural SOLUTIONS gemeinsam mit der Kölner Dezernentin für Schule, Jugend und Sport und dem Bürgermeister der Stadt Brühl im Februar 2017 einen Workshop mit Verantwortlichen für die Schulplanung aus Köln und den angrenzenden Städten und Kreisen organisiert.

Nach Auswertung der Ergebnisse des Workshops haben eine Reihe von bilateralen Gesprächen mit Köln und Nachbargemeinden sowie interkommunale Gesprächsrunden stattgefunden, die durch UrbanRural SOLUTIONS unterstützt wurden. Ein Ziel dieses Prozesses war es, zu überprüfen, ob einzelne interkommunale Kooperationsmaßnahmen Lösungsansätze für die bestehenden Herausforderungen darstellen. Um hier zu einem Ergebnis zu kommen, hat UrbanRural SOLUTIONS im weitergehenden Verlauf mit Hilfe von Analysen und Recherchen unterstützt. Konkret weiterverfolgt und geprüft wurde u.a. die Möglichkeit einer finanziellen Beteiligung der Stadt Köln am Ausbau eines Schulzentrums in einer Nachbarkommune. Bei der Begleitung dieser Prozesse konnten Hemmnisse aus schulplanerischer und ökonomischer Perspektive für derartige Kooperationen identifiziert werden, darunter z.B. auch die in diesem Zusammenhang bestehenden Fehlanreize des kommunalen Finanzausgleichs. Aufgabe von UrbanRural SOLUTIONS ist es, diese Hemmnisse zu einer integrierten Perspektive zusammenzufassen und Empfehlungen für den Umgang mit ihnen zu formulieren.

Blick in die anderen Praxisregionen

Neben Köln sind auch der Erweiterte Wirtschaftsraum Hannover und der Landkreis Göttingen  Verbundpartner in der Innovationsgruppe UrbanRural SOLUTIONS. In Göttingen hat sich UrbanRural SOLUTIONS insbesondere mit den Zielgruppen „Jugendliche“ und „ältere Menschen“ beschäftigt und in einem hauptsächlich von Bevölkerungsrückgang geprägtem Raum regionale Lösungsmöglichkeiten im Bereich der Jugendarbeit und Pflege erarbeitet. Unterstützt wurden die Diskussionen über Lösungsansätze unter anderem durch ein Szenariomodell, in dem zukünftige Fallzahlen in der Pflege und die finanziellen Implikationen für die öffentlichen Hand im Landkreis Göttingen anhand der demographischen Entwicklungen bis 2030 abgeschätzt wurden.

In den ausgewählten Fokusräumen im Erweiterten Wirtschaftsraum Hannover (EWH) lag der Fokus auf den Themen Ärzteversorgung und Einzelhandel. Eine eigens gegründete Projektgruppe mit Ver-treterinnen und Vertretern der 15 Netzwerkpartner des EWH soll die Praxisnähe der Arbeiten und die spätere Anwendbarkeit sicherstellen. Neben zukunftsweisenden Lösungen im Bereich der regionalen Daseinsvorsorge, wird über diese Strukturen auch eine allgemeine Stärkung der Kooperationsarbeit im Erweiterten Wirtschaftsraum Hannover erzielt. In beiden Themenschwerpunkten wird die Arbeit durch geobasierte Erreichbarkeitskarten von ausgewählten Einrichtungen unterstützt. Für das Thema Ärzteversorgung wurden ergänzend dazu Kosten-Nutzen-Betrachtungen erarbeitet.

Werkzeuge und wissenschaftliche Analysen

Die von UrbanRural SOLUTIONS begleiteten Dialogprozesse wurden inhaltlich durch passgenaue Recherchen und wissenschaftliche Analysen unterstützt. Mit den gewonnenen Erkenntnissen wurden spezielle Werkzeuge entwickelt, die im Prozess beobachtete Hemmnisse adressieren.

Neben den bereits erwähnten Analysen mit besonderem Fokus auf Kosten- und Nutzendimensionen in den Themenfeldern Bildung , hausärztliche Versorgung und Pflege lag im Projekt ein Schwerpunkt auf kleinräumigen Analysen und Indikatoren. So arbeitet die Innovationsgruppe UrbanRural SOLUTIONS an einem Open-Source-GIS-Werkzeug für Fachplaner der Daseinsvorsorge. Mit dem Werkzeug soll erstmals ein regionaler Überblick über die räumliche Verteilung der vorhandenen Angebote der Daseinsvorsorge und deren Erreichbarkeit geschaffen werden. Die Erreichbarkeit von Einrichtungen der Daseinsvorsorge sowie die Erreichbarkeit städtischer Zentren mit verschiedenen Verkehrsmitteln, insbesondere dem ÖPNV, ist ein wichtiges Kriterium für die Wohnstandortqualität. Dabei geht es um Einrichtungen im Bereich von Schule, Pflege, Betreuung, Gesundheit oder des alltäglichen Bedarfs. Die Frage ist nicht nur, wo diese Einrichtungen liegen, sondern auch in welcher Zeit und mit welchem Verkehrsmittel die Bevölkerung sie erreichen kann. Daher sind Erreichbarkeitsdarstellungen ein wichtiger Bestandteil des Werkzeugs. Neben der Softwareentwicklung wird an der Schaffung geeigneter organisatorischer Strukturen zur Software- und Datenpflege, zur Dateneingabe und -Aktualisierung gearbeitet, um die im Daseinsvorsorgeatlas gespeicherten Daten langfristig aktuell und abrufbar zu halten. Der Atlas wird im ersten Schritt für Niedersachsen entwickelt und dort implementiert, er wird jedoch so gestaltet, dass er auch in anderen Regionen und Bundesländern aufgebaut werden kann.

In Anlehnung an den Daseinsvorsorgeatlas wurde eine Reihe von Indikatoren entwickelt, die die kleinräumigen Erreichbarkeitsanalysen mit sozioökonomischen Faktoren verschneiden und somit einen integrierten Blick auf den Raum zulassen. Dazu gehört beispielsweise der Daseinsvorsorgeindex, der ausdrückt wie viel Zeitbudget eine Person durchschnittlich pro Jahr zur Erreichung der Daseinsvorsorgeeinrichtungen aufwendet. Eine Auswahl der in die Kölner Prozesse eingebrachten Karten und Analysen findet sich im FiFo-Bericht Nr. 26 : Räumliche Darstellungen im Kontext wohnstandortbezogener Daseinsvorsorge – der Raum Köln/Bonn. Dazu gehörten naheliegende Recherchen, wie die graphische Aufbereitung von Schülerpendelbewegungen sowie aufwendige Erreichbarkeitsanalysen.


Kooperationspartner:

 

 

 

Auftraggeber: Bundesministerium für Bildung und Forschung

Bearbeiter:innen Dr. Michael Thöne, Dipl.-Vw. Eva Gerhards, Dr. Bernhard Koldert, Tobias Müller, Dr. Anna Rauch

Veröffentlichungen:

 
 
 
 
 

 

 
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