Öffentliche Güter im föderalen Europa

Helena Kreuter, Michael Thöne

Vision Europe / März 2021 / Policy Brief, FiFo, Bertelsmann Stiftung (Hrsg.)

Abstract
Europa soll durch die Bereitstellung von mehr und besseren europäischen öffentlichen Gütern (EÖG) stärker und souveräner werden. Beispiele hierfür können die gemeinsame europäische Asylpolitik, die Prävention zukünftiger Pandemien sowie ein europäisches Kurzarbeiter:innengeld sein. Die Europäische Union (EU) soll, so die Prämisse des Projekts „Vision Europe“, mehr von den Aufgaben übernehmen, die ihr nach Größe und Funktion zukommen sollten. Europa soll europäischer werden. Um diesen Anspruch in die Tat umzusetzen, wird die Union absehbar mehr Eigenschaften eines kooperativen Bundesstaats annehmen müssen. Das wird nach der Corona-Krise noch deutlicher sein als zuvor schon. Europäische Stärke und Souveränität, europäische Gemeinschaftsgüter und europäischer Föderalismus sind eng verzahnt. In diesem Sinne untersuchen wir die föderalen Dimensionen Europas und seiner potenziellen Stärkung durch mehr Gemeinschaftsgüter, indem wir unterschiedliche Aspekte dieses Mehrebenensystems beleuchten. Eine erfolgreiche Umsetzung des EÖG-Konzepts verlangt, den Weg klarer auszuleuchten, wie diese Gemeinschaftsgüter in die europäische Praxis umgesetzt werden können. Mit zwei dabei zentralen Fragen beschäftigt sich dieser Policy Brief und das ihm zugrundeliegende Papier: Zunächst fragen wir nach dem geeigneten institutionellen Rahmen für die Einführung und für die Umsetzung europäischer öffentlicher Güter. Im Anschluss betrachten wir die unterschiedlich gestufte Organisation der EÖG-Bereitstellung. Dazu nutzen wir zwei zentrale, vereinfachende Analogien. Zum einen betrachten wir die aktuelle verfassungsmäßige Struktur der EU als ein Nebeneinander von Bundesstaat und Staatenbund. Zum anderen betrachten wir die föderale Struktur Europas als einen vertikal kooperativen „Vollzugsföderalismus“ nach deutschem Modell. Aus den Stärken und Schwächen dieses Modells kann viel gelernt werden für die Stärkung Europas durch mehr Gemeinschaftsgüter.